Blog

Bewegender Nachruf auf YouTube

Der Song geht unter die Haut: Ralf Helmbrecht aus Thalham hat den Unfalltod seines Schwagers in einer Ballade verarbeitet. Seit die auch bei YouTube läuft, melden sich Wildfremde bei dem Konditormeister. Eine Geschichte von Abschied – und einem Neuanfang.

Thalham/Attenkirchen – Der Anruf seiner Frau Ulli platzt mitten in eine Konferenz: „Tom ist tot!“ Ein Satz, der Ralf Helmbrecht erstarren lässt. „Welcher Tom?“, fragt er, schließlich kennt er gleich drei. Wenig später sitzt der Thalhamer mit seiner Frau im Auto Richtung Österreich – die Heimat seines Schwagers.

There was a beautiful September morning, all the birds sang in the trees. You were ridin’ on your Harley, in your face a warm fresh breeze…

Was die Helmbrechts vor Ort erfahren, ist erschütternd: Tom, der Partner von Ullis Schwester, war an jenem sonnigen Septembertag 2016 mit seiner Harley Davidson auf dem Weg zur Arbeit. Im nächsten Moment geriet ein Auto auf seine Spur, der Fahrer war wohl abgelenkt. Tom stürzte bei voller Fahrt. Ewige Minuten geschah dann nichts. Wagen um Wagen passierte die Unfallstelle, keiner hielt an. Tom, der selbst bei der Feuerwehr immer wieder Menschenleben gerettet hatte, er verlor sein eigenes im Hubschrauber zur Klinik. Die Hilfe kam zu spät.

You’ve helped so many people, but no one was able helping you. This day was like a bad dream – I shut my eyes to avoid the truth…

Am nächsten Tag fährt Ralf Helmbrecht alleine zurück nach Bayern, Kopf und Magen schmerzen noch von der Trauer, aber der Betriebsleiter der Münchner Großbäckerei Wimmer wird in der Firma gebraucht. Als er wieder zu Hause ist, folgt er einem Impuls: Er greift zu Stift, Papier und seiner Gitarre – und schreibt einen Song für Tom.

Das Lied erzählt von der letzten Harley-Fahrt

Die Zeilen und Noten fließen einfach so aus ihm heraus, die Melodie in C-Moll kommt wie von selbst. Eine durchgemachte Nacht später ist das Lied „Tom A Hawk“ fertig. „Tom ein Falke“ erzählt von der letzten Harley-Fahrt – und beschreibt die schiere Fassungslosigkeit der Hinterbliebenen.

Hey Tom A Hawk, we can’t believe you’re gone too soon! I’m sure you still had so many things you wanted to do…

Als Helmbrecht seine musikalische Hommage auf Tom bei einer Trauerfeier der Familie spielt, spürt er: Der Song geht allen unglaublich nahe. Auch als später andere Musiker mitspielen, sind sie sofort von dem emotionalen Stück gepackt. „Du hast ein Händchen dafür“, bestärkt ihn seine Frau. Und: „Du musst mehr aus deinem Talent machen!“

Ein harter Kerl mit weichem Herz

Also lässt Helmbrecht ein Musikvideo aufnehmen: Bei tiefstehender Sonne sitzt er im Poloshirt auf einer Parkbank unter einem Baum, im Hintergrund begleitet von einer Geigenspielerin in türkisfarbenem Kleid. Gefühlvoll spielt er seine Gitarre, teils mit geschlossenen Augen. Der harte Kerl, den der erste Blick suggeriert, offenbart sein weiches Herz.

No, you never walk away, I’ll keep you always in my mind. You were a cheerful and helpful guy, we grieve a lot about you my friend…

Am Tag, bevor Tom seinen 50. Geburtstag gefeiert hätte, erscheint das Video auf YouTube. Untertitel: „In liebevoller Erinnerung.“ Innerhalb weniger Tage wird der Clip über 2000 Mal abgespielt und in diversen Netzwerken geteilt. In den Kommentarspalten erhält die Ballade viel Lob, auch private Nachrichten von Wildfremden erreichen Ralf Richards – Helmbrechts Künstlername – immer wieder.

„Mir haben Leute geschrieben, denen Ähnliches widerfahren ist“, sagt der 54-Jährige. Es freut ihn, Menschen mit seiner Musik zu berühren. Ein Kommentar bedeutet ihm besonders viel: „Ein wunderbarer Song“, hat jemand namens Fritz unter das Video geschrieben. Und weiter: „Tot ist nur, an den sich niemand mehr erinnert.“

Jetzt nimmt er seine eigene EP im Studio auf

Menschen bewegen, das will Helmbrecht nun auch mit seinen anderen Liedern. Derzeit steht er regelmäßig in den Attachinger Farm Studios und nimmt Stücke für seine erste eigene EP auf. Das Genre geht Richtung New Country, „aber nicht wie von Johnny Cash, sondern eher ein bisschen rockiger und folkiger“, sagt Helmbrecht. Er singt darin vom Warten auf die Liebe, vom Großziehen der Kinder und vom Erkennen wahrer Freunde. Es sind seine persönlichen Erfahrungen, Erlebnisse. Der Titel der EP steht auch schon fest: „Tom A Hawk“.

Now the waves of pain are getting higher. But while I lay they become lower. And we loose themselve in the sand, and my heart will no more cry…

Zum ersten Mal auf einer Bühne stand Ralf Helmbrecht mit acht Jahren: mit Bassklarinette und Gitarre in einem Familien-Quintett. Nach Schule und Ausbildung verließ er Deutschland, als Konditormeister kam er viel herum in der Welt der gehobenen Hotellerie. Die Musik ruhte zunächst für eine ganze Weile. Schweiz, Frankreich, Australien, Österreich – dann wieder Deutschland: Seit 1992 ist Thalham bei Attenkirchen sein Zuhause.

Am Frühstückstisch flossen Tränen

Inzwischen besitzt Helmbrecht acht Gitarren, hat Auftritte mit der Coverband Finest Noise absolviert und seit drei Jahren auch 15 eigene Songs geschrieben. Auslöser dafür waren die Akustikgitarre, die ihm seine Frau zum 50. Geburtstag gekauft hat – und das Gegengeschenk zu ihrem Fünfzigsten: Ralf Helmbrecht ließ sein selbstkomponiertes Ständchen in einem Tonstudio aufnehmen. Als das Geburtstagskind am Frühstückstisch den Song hörte, flossen Tränen. „Sogar meinen beiden Töchtern hat der Song gefallen“, erinnert sich der 54-Jährige heute.

Als Ralf Richards will sich Helmbrecht heuer wieder für das Uferlos-Festival in Freising bewerben, wo er schon einmal im Rampenlicht stand. Mit den Veranstaltern des Hallertauer Bierfestivals ist er bereits im Gespräch. „Wenn das klappt, würde es mich sehr freuen. Attenkirchen wäre ja quasi ein Heimspiel.“

Der nächster Auftritt von Ralf Richards ist in Freising

Fix ist hingegen ein Auftritt kommenden Freitag, 9. Februar, um 20 Uhr bei der Offenen Bühne in der Freisinger Café-Bar am Schlüter. „Da werden wir in einer kleinen Besetzung zu dritt spielen.“ Zu hören gebe es dann keine Cover-Songs mehr, „sondern nur noch meine eigene Musik“. Denn: „Ich will mal wissen, wie sie ankommen. Freunde können dir ja immer viel erzählen“, sagt Helmbrecht und lacht.

There’s an eagle flying up to the sky, listening to theirs tune.

Bei den geplanten Auftritten wird auf jeden Fall ein Platz leer bleiben: der von seinem Schwager und Freund Tom. Ob er im Publikum oder mit auf der Bühne gesessen hätte, wer weiß: „Tom war ein absoluter Gitarrenfreak und hat auch einige besessen“, erzählt Ralf Helmbrecht. „Dabei hat er nie auf ihnen gespielt. Er hat nur immer gemeint: Eines Tages nimmt er sich Unterricht.“

Pressebericht von Merkur.de (Autor Armin Forster)

Hier gehts zum YouTube-Channel des Singer-Songwriters Ralf Richards. Und auch auf Facebook ist der Künstler vertreten.